Auch in diesem Jahr hatten sich viele Naturfreund*innen an der NABU-Aktion „Stunde der Gartenvögel“ vom 9. bis 11. Mai beteiligt. Eine Stunde lang sollten alle Vögel gezählt werden, welche im Garten umherflogen, aber immer nur die maximale Anzahl, die man gleichzeitig beobachten konnte. Bis zum 19. Mai wurden Meldungen entgegengenommen.
In Münster wurden in 119 Gärten insgesamt 3279 Vögel gezählt. Insgesamt haben sich im Vergleich zum Vorjahr etwas weniger Menschen beteiligt, aber die Zahl der Individuen pro Garten blieb mit 27 Vögeln gleich. In 2010 wurden pro Garten in Münster im Durchschnitt 31 Vögel gezählt. Die Gründe für diesen Rückgang innerhalb von 15 Jahren sind vielfältig und reichen von wetterbedingten Schwankungen bis hin zum ernstnehmenden Vogelsterben, durch den Verlust der Biodiversität.
Von 2019 bis 2024 behauptete der Haussperling in Münster unangefochten seinen Spitzenplatz bei der Vogelzählung. Dieses Jahr wurde er überraschenderweise vom Mauersegler abgelöst. Im Schnitt wurden pro Garten etwa drei Mauersegler gezählt. „Auch über unserem Garten war der Mauersegler dieses Jahr mit 6 Individuen auf Platz 1“ bestätigt Aline Förster, Leiterin des Gebäudebrüter-Projektes dieses Ergebnis. Ebenfalls häufig gesichtet wurden weiterhin Haussperlinge, Meisen, Dohlen und Amseln. Genau wie der Haussperling verzeichneten diese Vogelarten Rückgänge im Vergleich zum Vorjahr – mit Ausnahme der Dohle, dessen Sichtungen leicht zunahmen. Besondere Aufmerksamkeit benötigt die Amsel, von der in Münster 144 weniger Sichtungen gemeldet wurden als im Vorjahr. Dies könnte, weiterhin mit dem Usutu-Virus zusammenhängen, welches aus den Tropen stammt und bereits vor zwei Jahr viele Amseln in NRW befallen hat – häufig mit tödlichem Krankheitsverlauf.
Einige Vogelarten, insbesondere der Weißstorch legten deutlich zu. So stieg beispielsweise die Anzahl der Sichtungen um 159% zum Vorjahr an. Ein Grund hierfür könnte der vergleichsweise milde Winter gewesen sein. Immer mehr Störche verkürzen ihre Zugroute und fliegen lediglich bis nach Frankreich oder Spanien, teilweise überwintern sie sogar hier. Auch Elstern, Ringeltauben und Dohlen schafften es in die Top 10 der gesichteten Gartenvögel. Ein vergleichsweiser seltener Gast in Münsters Gärten ist der Hausrotschwanz, Vogel des Jahres 2025. Mit nur einer einzigen Meldung liegt er in der Rangliste weit hinten.

Nur eine Meldung in Münster – Abstiegsplatz für den Hausrotschwanz – Vogel des Jahres 2025 (Foto: Frank Derer)
Im Kreis Warendorf folgten ebenfalls zahlreiche Vogelfreund*innen dem Aufruf und meldeten beeindruckende Ergebnisse: In 92 Gärten wurden insgesamt 2778 Vögel gezählt (30 Ind. pro Garten). In letzten beiden Jahren waren es 34 bzw. 36 Ind. pro Garten, also auch hier eine Abnahme.
Im Kreis Warendorf hält der Haussperling mit durchschnittlich 4,3 Tieren pro Garten weiterhin unangefochten den Spitzenplatz. Platz Zwei nimmt die Dohle mit 2-3 Ind. pro Garten ein. Im landwirtschaftlichen geprägten Warendorf ist die Art deutlich häufiger ist als im gesamten Bundesgebiet (deutschlandweit Rang 20 mit 0,33 Ind. pro Garten). Die Populationen von Kohlmeise und Amsel nahmen im Vergleich zu 2024 um ca. 25 % ab – ähnlich wie in Münster.
Neben diesen besorgniserregenden Entwicklungen gab es auch erfreuliche Zuwächse bei einigen Vogelarten. Die Zahlen der Sichtung von Kernbeißer, Grünfink und Bluthänfling haben sich deutlich gesteigert. Die Graugans beeindruckt mit einem Anstieg von über 1.100 % zum Vorjahr. Das hat vermutlich teils damit zu tun, dass es an Wochenende viele Flugbewegungen bei Gänsetrupps gab, denn in Gärten ist die Art üblicherweise nicht vertreten. Es zeigt aber auch, dass einige Arten gut zurechtkommen. Besonders positiv ist wie auch in Münster die Entwicklung der Störche, welche mit fast 200 % im Vergleich zum Vorjahr zunahm. Doch auch solche Zuwächse und Anpassungen werfen Probleme auf, da sie nicht selten zu Verdrängungseffekten anderer Arten führen können. Die NABU-Station Münsterland rät davon ab, die Ansiedlung von Störchen weiter durch Nisthilfen zu fördern, auch wenn es der NABU-Wappenvogel ist.
Zusammenfassend lässt sich auch in diesem Jahr ein Rückgang vieler heimischer Vogelarten und eine Zunahme einiger anpassungsfähiger Arten feststellen. Das zeigt, wie wichtig Erhalt und Förderung von naturnahen Gärten mit Bäumen, Sträuchern und Hecken als Nahrungs- und Schutzräume ist. Gemeinsam können wir einen wichtigen Beitrag leisten, die heimische Vogelwelt zu schützen und zu bewahren.
Ein herzlicher Dank geht an alle, die fleißig mitgezählt haben! Es ist jedes Jahr aufs Neue spannend zu sehen, wie sich die Ergebnisse der Aktion entwickeln – bis zum nächsten Jahr!